Über das Projekt
Die klassische Industrierobotik leistet im industriellen Umfeld einen hohen Beitrag zu Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit. Ähnliche, wenn nicht sogar weitreichendere Effekte, lassen sich von der Service- und Assistenzrobotik erwarten. Die vom BMBF in Auftrag gegebene EFFIROB-Studie zeigt diese Potenziale beispielhaft in Bezug auf einzelne Anwendungsfelder auf, beleuchtet aber auch die Problematik einer wirtschaftlichen Lösung für viele andere Applikationen. Denn leider konnten Serviceroboter zum Großteil die in sie gesetzten Hoffnungen bis heute nicht erfüllen. Obwohl in der Forschung die technologischen Leistungsmerkmale solcher Systeme mehrfach nachgewiesen wurden, existieren aktuell kaum marktfähige Produkte.
Die Ziele von ISABEL
- Entwicklung allgemeiner Schlüsseltechnologien
- Sensorik und Perzeption
- Echtzeit-Planung von Roboterbewegungen
- Überwachung der Ausführung
- Intuitive Programmierung und Bedienung
- Schlüsselkomponenten für das Anwendungsfeld „Materiallogistik und Handhabung“ in Form parametrierbarer Funktionsblöcke und Programme
- Evaluation der Technologien anhand zweier konkreter Anwendungsszenarien
Hierfür gibt es zahlreiche Gründe. Zum einen sind typische Produktionsumgebungen teilweise sehr unstrukturiert und unterliegen einer ständigen Wandlung, so dass die Autonomie der Robotersysteme an ihre technologischen Grenzen stößt. Hier gilt es, die einzelnen Schlüsseltechnologien hinsichtlich Zuverlässigkeit, Robustheit, Wirtschaftlichkeit und Akzeptanz weiterzuentwickeln. Zum anderen ist der aktuelle Entwicklungsprozess, um aus den Funktionen der Schlüsseltechnologien ein Gesamtprodukt zu erstellen, sehr komplex, aufwändig und teuer. Hier muss es das Ziel sein, für verschiedene Anwendungen wiederverwendbare Funktionen innerhalb eines Anwendungsfeldes bereitzustellen. In der Industrierobotik gibt es beispielsweise für verschiedene Anwendungsfelder sogenannte „Tech-Pakete“ (Schweißen, Biegen, Palettieren, u.a.), die für eine wirtschaftliche Realisierung einzelner Kundenanwendungen nicht mehr wegzudenken sind.
Das Projekt ISABEL fokussiert auf das Anwendungsfeld Materiallogistik und Handhabung. Es werden beispielsweise Hol- und Bringdienste betrachtet, bei denen ein mobiler Manipulator Produkte von einer Station zu einer anderen bringt und des Weiteren in der Lage ist, an den einzelnen Stationen diese Produkte autonom aufzunehmen, abzulegen bzw. in und aus Bearbeitungsmaschinen einzulegen und zu entnehmen. Der Transport von Material und die unmittelbar damit verbundene Handhabung dieses Materials werden in vielen Branchen in Dienstleistung und Industrie benötigt. Forschung und Entwicklung in diesem Umfeld entfaltet eine entsprechend große Hebelwirkung.
ISABEL Szenarien
Im Projekt ISABEL werden Hol- und Bringdienste in dynamischen Umgebungen betrachtet.
Unter Einsatz von sensorgestützter Planung und Ausführung der generischen Programmbausteine werden folgende Szenarien aus der Materiallogistik und Handhabung realisiert:
- In der „Halbleiterfertigung“ müssen Boxen mit Halbleiterscheiben, sogenannten Wafern, zu verschiedenen Bearbeitungsmaschinen gebracht werden.
- In der „Life Science Automation“ werden biochemische Proben transportiert bzw. entsprechende Prozesse automatisiert.
- Als Plattform für die Entwicklungen dient der FZI omniRob, ein mobiles Robotersystem bestehend aus einer mobilen Plattform und zwei KUKA Leichtbauarmen und einer Phalanx aus 3D Sensoren sowie einem GPGPU-Parallelrechner (General Purpose Graphics Processing Unit).
Bei der (Weiter-)Entwicklung grundlegender Schlüsseltechnologien konzentriert sich ISABEL auf die Themenfelder „Sensorik und Perzeption“ sowie „Planung und Ausführung“, da diese insbesondere im ausgewählten Anwendungsfeld für einen hohen Grad an Autonomie benötigt werden. Bei Servicerobotern spielt jedoch nicht nur die Autonomie eine wesentliche Rolle, sondern auch die Schlüsseltechnologie „Programmierung und Bedienung“ ist ein entscheidender Faktor. Während in der klassischen Industrierobotik die Themen Programmierung (durch den Systemintegrator) und Bedienung (durch den Endanwender) häufig klar zu trennen sind, ist bei Servicerobotern eine Unterscheidung nicht gegeben. Daher müssen Programmierung und Bedienung zusammen betrachtet und deutlich intuitiver werden als die heute übliche textuelle Programmierung.
Darüber hinaus sind die Themen Autonomie und Programmierung/Bedienung eng miteinander verzahnt. Funktionalitäten eines Serviceroboters lassen sich entweder autonom oder interaktiv (durch Programmierung/Bedienung) realisieren. Dennoch ist dies nicht nur einfach eine Entweder/Oder-Frage. Vielmehr lässt sich zum einen die Bedienung im Sinne einer Mensch-Roboter-Interaktion durch Autonomiefunktionen intuitiver gestalten und zum anderen benötigen auch Autonomiefunktionen eine Bedienung und Interaktion mit dem Benutzer, beispielsweise zur Parametrierung dieser Autonomiefunktionen.
ISABEL Schlüsseltechnologien
Durch die (Weiter-)Entwicklung von Schlüsseltechnologien werden generische Komponenten erarbeitet, welche in einer Vielzahl unterschiedlicher Anwendungsfelder einsetzbar sind. Sie haben die Schwerpunkte:
- Planung und Ausführung: Kollisionsfreie Bahnplanung für Plattform und Manipulator durch hierarchische Modelle, zur Bestimmung einer geeigneten Plattformposition bzgl. der Manipulationsaufgabe.
- Sensorik und Perzeption: Robuste 3D-Umweltperzeption basierend auf Lichtfeldkameras und RGBD-Kameras.
- Einsatz von GPGPUs zur effizienten Planung und Ausführungsüberwachung mittels massiver Parallelisierung aller Rechenvorgänge.
- Programmierung bzw. Bedienung von mobilen Manipulatoren durch Systemintegratoren bzw. Endkunden durch ein Framework für graphische Programmierung mittels Aktions-Templates.
Ein mobiler Serviceroboter soll beispielhaft einen Kleinladungsträger (KLT) von einer Station abholen. Selbst wenn der KLT immer an der gleichen Position steht, ist die relative Position zwischen Roboter und KLT variabel, da es nicht möglich ist, die mobile Basis nur aufgrund der Laserscanner immer wieder exakt an dieselbe Position zu verfahren. Diese Anwendung kann nur dann gelöst werden, wenn dem Programmierer entsprechende Autonomie-Funktionen zur Referenzierung der Plattform zur Verfügung stehen. Andererseits kann die Aufgabe auch durch Nutzung höherwertiger Autonomiefunktionalitäten wie kollisionsfreie Bahnplanung und Objekterkennung gelöst werden. In diesem Fall benötigt der Programmierer jedoch entsprechende Interaktionsmöglichkeiten, um diese Funktionalitäten parametrieren zu können. Im Rahmen dieses Projektes werden konkrete Szenarien eines Anwendungsfeldes analysiert, um eine Systematik abzuleiten, die es ermöglicht diese komplexen Zusammenhänge zwischen Autonomiefunktionen, Bedienung und Programmierung zu beherrschen.
Zusammenfassend ist das Ziel von ISABEL die Entwicklung allgemeiner Schlüsseltechnologien in den Bereichen „Sensorik und Perzeption“, „Planung und Ausführung“ sowie „Programmierung und Bedienung“, die Spezialisierung von Schlüsselkomponenten in parametrierbare Funktionsblöcke und Programme analog zu „Tech-Paketen“ und deren konkrete Ausgestaltung für das Anwendungsfeld „Materiallogistik und Handhabung“ sowie die Instanziierung dieser Funktionsblöcke und Programme anhand zweier konkreter Anwendungsszenarien.
Das Förderkennzeichen des Projektes lautet 01IM12006A